FP — ein selbsttäuschendes Konzept?
Wer mit der Dating-Szene vertraut ist, ob online oder offline, hat sicher schon Leute getroffen, die sagen, dass sie in erster Linie eine Freundschaft Plus suchen. Zu sagen, dass ich auf Dating-Apps oft auf Leute treffe, die sagen: "Ich bin gerade nicht auf der Suche nach einer Beziehung, eine FP-Situation wäre ideal", wäre eine echte Untertreibung.
Zeit für die nackte Wahrheit: Freundschaft Plus gibt es nicht. Zumindest nicht so wie es sich die meisten Leute vorstellen.
Freundschaft Plus ist eine Lüge, über eine noch größere Lüge. Es ist eine Mischung aus Selbsttäuschung, Missverständnis, Verleugnung und Halbwahrheiten in einem. Als ich mich hinsetzte, um herauszufinden, was es ist und wie es funktioniert, bekam ich Kopfschmerzen, nur weil ich versuchte, dieses scheinbar ethische Konzept zu entschlüsseln.
Ich habe versucht, sie in Kategorien zu unterteilen. Die erste: Menschen, die man speziell für den Spaß im Schlafzimmer kennenlernt. Dieses Konzept ist recht einfach zu verstehen, hat aber leider einen Haken: Die Grenzen verschwimmen dabei oft. Was ist, wenn man sich tatsächlich sehr nahe kommt, viel näher als ursprünglich beabsichtigt? Romantische Gefühle sind vorprogrammiert!
Kategorie Nummer zwei: Menschen, mit denen man schon lange befreundet war, bevor man mit ihnen schlafen wollte, aber im Laufe der Bekanntschaft hat sich etwas geändert. Das kann in beide Richtungen gehen: eine einmalige Sache oder etwas Beständigeres. Oder sagen wir, sie kommen aus einer anderen Stadt und besuchen dich alle paar Monate oder so. Das Schwierige daran ist, dass die Aktivitäten im Bett nicht zum Alltag gehören und sich früher oder später zu einer Geschichte von Unannehmlichkeiten entwickeln. Eine erschwerende Nuance liegt hier in der weiteren Entwicklung des persönlichen Glücks für euch beide.
Fragen Sie irgendjemanden, was Freundschaft Plus für ihn persönlich bedeutet: Für die einen sind es erst Freunde, dann Zusatzleistungen. Für andere ist es das Plus, wobei "Freunde" irgendwo unten in kleiner Schrift steht.
Ich habe nichts gegen lockere Beziehungen, in denen man ab und zu Zeit mit jemandem verbringt, oder einen Teilzeitpartner hat, mit dem man sich zweimal im Monat trifft, wenn er beruflich in der Stadt ist. Ich ermutige uns alle zu erfüllender, lustiger und aufregender Intimität, vor allem, wenn sich die richtige Gelegenheit bietet. Es steht dir frei, keine oder nur eine sehr geringe Bindung einzugehen, solange ihr beide unabhängige und selbstbewusste Erwachsene seid, die wissen, was man von dieser Art von Vereinbarung erwarten kann und was nicht, und natürlich beide mit Begeisterung zustimmen.
Auch "ohne Verpflichtungen" ist es eine Beziehung. Wirklich? Oh, ganz bestimmt.
Das klingt seltsam, also lass mich das näher erläutern. Ich habe das Gefühl, dass der Begriff an sich die Leute verwirrt, weil er "ohne Bedingungen" bedeutet. Wenn man aber wirklich darüber nachdenkt und ehrlich zu sich selbst ist, erkennt man, dass jede erwachsene Interaktion mit Bedingungen verbunden ist. Nennen wir es Verantwortung. Selbst im Falle eines One-Night-Stands.
Bedeutet Unverfänglichkeit nicht immer noch, dass wir respektvoll und achtsam gegenüber der anderen Person sein müssen? Ihre Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigen? Oder wertet die "Ungebundenheit" sie automatisch ab, im Gegensatz zu einer festen Beziehung? Natürlich möchten wir, dass sich beide in dieser Situation wohl und sicher fühlen.
Leute, die in ihrem Profil FP erwähnen, wollen damit ausdrücken, dass sie Spaß haben wollen und eine gewisse Nähe suchen, aber keine feste Beziehung. Aber Freundschaft ist kein Synonym für einen Unfall. Inwiefern ist die Beziehung zu deinem F-Buddy unter der Bettdecke weniger bedeutsam als die Beziehung zu deinem Lieblingsbarista, der deine Bestellung auswendig kennt? Es gibt keine FP-Vereinbarung ohne den Teil der Freundschaft, und Freundschaft ist per Definition eine Beziehung. Eigentlich die stärkste, sicherste und geborgenste Beziehung, die es geben kann. Beziehungen sind das, was dich dazu bringt, zu deinem Lieblings-Barkeeper in der Kneipe zurückzukehren, zu deinem Friseur, der dir immer die Haare zu kurz schneidet, und sogar zu deinem Ex-Boss, der gemein zu dir war, den du aber irgendwie verstanden und respektiert hast.
Ich frage mich, ob die Leute, die "FP" in ihrer Biografie erwähnen, sich bewusst sind, dass sie mit einem riesigen Schild dastehen, das schreit: "Ich bin derjenige, der alle Regeln und den Zeitplan für diese Vereinbarung festlegt, einschließlich wo, wann, zu welchen Bedingungen und wie oft wir uns treffen werden, und du hast nicht zu entscheiden, wie du dich dabei fühlst."
In einer Freundschaft geht es darum, seine Erfahrungen und Gefühle mit dem anderen zu teilen. Es geht darum, sein Lieblingsgetränk und die Gesprächsthemen zu kennen, die ihn wegen seines furchtbaren Ex auslösen. Es ist, wenn man lacht, während man Screenshots von unaufgeforderten Bildern teilt, die man von Fremden online erhält. (Bei Pure ist das übrigens nicht möglich - Du kannst keine Screenshots von deinen Chats oder den darin geteilten Medien machen). Es ist jemand, den du um 3 Uhr morgens anrufen kannst, weil du zufällig angefangen hast, über dein verstorbenes Haustier zu weinen - und er wird mit dir weinen. Eine Freundschaft wächst, entwickelt und verändert sich mit der Zeit, und ob daraus mehr wird oder ob sie mit deinem schwulen Onkel auf deiner zukünftigen Hochzeit zu Lady-Gaga-Hits tanzt - das kann niemand wirklich wissen oder vorhersagen. Und das ist das Schöne an ihr.
Wenn du dich für eine Freundschaft Plus entscheidest, findest du hier ein paar Tipps, wie du in dieser Situation Grenzen setzen kannst. Beim Durchlesen wurde mir allerdings klar, dass sie auch für jede andere Art von Beziehung gelten:
- Spreche alles vorher durch. Leg klare Bedingungen fest. Schreibe es auf, wenn es sein muss, und bewahre eine Kopie für dich selbst auf. Stelle sicher, dass du dich an den Plan hälst.
- Bespreche, was der Pla ist, wenn einer von euch Gefühle entwickelt. Es ist besser, einen Aktionsplan für diesen Fall zu erstellen - und ihr müsst beide mit diesem Plan einverstanden sein. Wichtig ist dabei, dass ihr eure Handlungen auf beiden Seiten des Szenarios bedenken.
- Respektiere die Grenzen des anderen. Wenn man dich gebeten hat, dich aus bestimmten Bereichen des Lebens deiner Partnerin oder deines Partners herauszuhalten, musst du damit einverstanden sein. Falls einer von euch irgendwann die Beziehung beenden möchte, müsst ihr in der Lage sein, den anderen loszulassen. Niemand möchte als bedürftiger Stalker dastehen, oder?
- Du hast ein Recht darauf, dass deine Bedürfnisse erfüllt werden. Wenn du dich mit dem Verhalten der anderen Person zu irgendeinem Zeitpunkt in eurer FP-Situation unwohl fühlst, hast du das Recht, sie darauf anzusprechen. Es ist leicht, sich so zu fühlen, als ob euer Status "weniger als eine Beziehung" dich von bestimmten Forderungen abhält, aber die Erfüllung deiner Bedürfnisse ist immer noch ein wichtiges und berechtigtes Anliegen.
- Es könnte schnell unangenehm werden. Bedenke, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass du (oder die andere Person) irgendwann eine andere Person kennenlernen, z. B. einen potenziellen Partner, und dass eure Vereinbarung dann ausläuft. Es liegt an euch, ob ihr zu einer reinen Freundschaft zurückkehrt oder die Verbindung beendet. Wie auch immer es ausgeht, ihr müsst in der Lage sein, sich die Dinge nicht zu Herzen zu nehmen und, falls nötig, mit Anstand zu gehen.